Die Leitungen der Innenstadtschulen haben eine Vision: Sie möchten eine fahrrad- und umweltfreundliche Verkehrssituation schaffen, die Sicherheit und Klimaschutz in den Fokus nimmt. Dafür stellten sie der Öffentlichkeit am Montag ihr neues Mobilitätskonzept vor, das konkrete Vorschläge für Maßnahmen vorlegt und ein Gewinn für alle bedeuten kann.
Wer morgens 7.50 Uhr mit dem Fahrrad zu einer der Innenstadtschulen fährt, lebt bisweilen gefährlich: In der Schul- und Moltkestraße dominiert kurz vor Schulbeginn der Autoverkehr, Radfahrer*innen schlängeln sich zwischen den Autos hindurch oder weichen auf die Gehwege aus, um möglichst sicher anzukommen. Das Bild ist nicht neu, aber nach einer Umfrage am Städtischen Gymnasium gibt es nun Zahlen dazu: Obwohl nur 17% der über 1.000 befragten Schüler*innen und Lehrer*innen angaben, mit dem Auto zur Schule zu kommen bzw. gebracht zu werden, sind es die Autos und sogenannten Elterntaxis, die das Bild morgens und nach Schulschluss bestimmen. Rund die Hälfte aller Befragten kommt dagegen mit dem Fahrrad zur Schule und unterstützt so bereits das SG als „umweltfreundliche Schule“ (mehr Ergebnisse der Umfrage).
Die Gefährdung der Radfahrer*innen, die Umweltbelastung sowie die schlechten Abstellmöglichkeiten für Fahrräder bewegten die Biologielehrerin Michaela Dierkes und ihre Schüler*innen, sich Maßnahmen zur Verbesserung zu überlegen. „Auf Basis dieser Ideen ist ein konkretes Mobilitätskonzept und die Kooperation mit den Nachbarschulen erwachsen“, erläutert Schulleiter Axel Rotthaus die Entwicklung.
Die Initiative, die von allen drei Schulgemeinden des Städtischen Gymnasiums, der Elly-Heuss-Knapp-Realschule und der Altstadtschule unterstützt wird, strebt eine Überprüfung des derzeitigen Radwegekonzepts rund um die Schulen an. Vorrangiges Ziel ist die Reduktion des Autoverkehrs – wenigstens zu den Stoßzeiten – aus Schul- und Moltkestraße, damit die Schüler*innen sicher zur Schule und nach Hause gelangen. „Die aktuelle Situation ist zum einen gefährlich, zum anderen wenig motivierend für die Kinder, mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen“, so Felix Heiringhoff, Schulleiter der Altstadtschule. Gerade die jüngsten Schüler*innen würden als Fahrrad-Anfänger*innen von einer Beruhigung im Umfeld profitieren. Darüber hinaus wird so die Attraktivität des Rad- und Fußverkehrs in der Innenstadt erhöht. Die weiteren Vorschläge sind ein Angebot an Alternativen, die der Stadtverwaltung sowie einzelnen Fraktionen bereits vorgestellt wurden und nun geprüft werden. Hierbei sind u.a. eine zeitweise Sperrung der Moltke- und Schulstraße für die „Elterntaxis“ zu den Stoßzeiten, die Einrichtung von Fahrradstraßen in der Moltkestraße und der Schulstraße, die Einbindung der Fahrradstraßen in das Gesamtkonzept „Fahrradfreundliche Stadt Gütersloh“ oder eine Temporeduzierung in beiden betroffenen Straßen auf 20 km/h genannt. Eine Optimierung der Bedingungen für Radfahrer*innen sei zudem durch markierte Fahrradstreifen/-flächen in der Moltkestraße und der Schulstraße auf den Fahrbahnen erreichbar, ebenso durch zeitgemäße Fahrradbügel, die kurze Wege, fahrradschonendes Abstellen und Sicherheit vor Diebstahl bieten, so Dierkes.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Schulwege für die Kinder und Jugendlichen werden sicherer, weniger Autoverkehr in der Innenstadt trägt zu weniger CO2-Ausstoß bei, die Gesundheit wird durch Bewegung gefördert, das Konzept der „Radachsen“ durch Gütersloh wird sinnvoll ergänzt und die Stadt wird auf ihrem Weg zur fahrradfreundlichen Kommune unterstützt. „Wenn man sieht, was in anderen Großstädten schon praktiziert wird, in Berlin, Paris, Luxemburg, Brüssel und Wien, dann sind unsere Vorschläge ein guter Weg, auch Gütersloh als Fahrradstadt zu positionieren“, bekräftigt die stellvertretende Schulleiterin des SG, Britta Jünemann, die Initiative.
Die ersten Gespräche mit Vertretern der Stadt Gütersloh, u. a. Bürgermeister Norbert Morkes, dem Leiter des Fachbereichs Ordnung, Herrn Habig, und der Stadtbaurätin Frau Herrling fanden im Mai 2021 statt. Die Vorschläge sollen nun geprüft werden. Der Antrag der drei Schulen wurde außerdem an die Fraktionen im Rat weitergeleitet. „Wir glauben an eine Verbesserung für alle, sind offen und wünschen uns eine Vision zur Veränderung der Mobilität“, schließt Jünemann.