Auch in diesem Jahr erwies sich die Osthushenrich-Stiftung als herausragender Förderer der Bildung, indem sie vier wichtige Projekte am Städtischen Gymnasium finanziell unterstützt hat. Drei dieser Projekte widmeten sich der Integration von zugewanderten bzw. geflüchteten Kindern, ein viertes Projekt stärkte die Orientierung im Zusammenhang der Studien- und Berufswahl. In einem Treffen mit Claudia Holle, Geschäftsführerin der Osthushenrich-Stiftung, berichteten jetzt Schüler*innen und Lehrer*innen von ihren Erfahrungen und Erfolgen.
Auf den Fensterbänken haben die Schüler*innen der Internationalen Klasse ihre Kunstwerke ausgestellt, die sie in den letzten Monaten erstellt haben: Es sind beeindruckende Zeichnungen, die auf vielfältige Talente schließen lassen. Durch die großzügige Hilfe der Osthushenrich-Stiftung konnten besonders für die Förderung der Jugendlichen, die neu in Deutschland sind, bedeutende Ressourcen bereitgestellt werden, die das Lernumfeld für die Schüler*innen der ukrainischen Willkommensklasse und der Internationalen Klasse nachhaltig verbesserten.
Eines der Projekte ermöglichte die Förderung begabter Kinder in der Internationalen Klasse. Mit den bereitgestellten finanziellen Mitteln förderte die Osthushenrich-Stiftung zusätzlichen Unterricht in Biologie und Kunst, der im Lehrplan der Internationalen Klassen sonst nicht vorgesehen ist.
Im Kunstunterricht konnten die Kinder ihre kreativen Fähigkeiten entfalten und sich als selbstwirksam erleben. „Begabungspotentiale können sich nur dann entfalten, wenn Kinder einen Zugang zu sich selbst finden und ihre Fähigkeiten ganz konkret erfahren können“, erläutert Kunstlehrerin Edeltraud Lübbert die Bedeutung von Kunstunterricht. Besonders das Projekt „Traumschloss“, bei dem die Jugendlichen gemeinsam das Schloss Chambord aus Abfall- und Reststoffen kreativ nachgestalteten, förderte neben Kreativität und Vorstellungsvermögen den respektvollen Umgang miteinander sowie die Fähigkeit, selbstständig Entscheidungen zu treffen und sich miteinander abzusprechen.
Im Rahmen des Biologieunterrichts wurden die Schüler*innen an wichtige Themen der menschlichen Biologie herangeführt, wie beispielsweise die Funktion des Herz- Kreislaufsystems und in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer gesunden Ernährung. Auch das Thema Sucht wurde ausführlich behandelt, d.h. die Auswirkungen von Suchtmitteln wie Zigaretten, Drogen und Alkohol auf den menschlichen Organismus. „Für die Kinder war der Unterricht in Biologie ein Highlight, da sie sich sowohl ihre Umwelt (die Natur) erschließen konnten, aber auch präventiv wichtige Zusammenhänge der Funktionsweise ihres eigenen Körpers lernten“, resümierte Biologielehrerin Gudrun Kelle.
Ein weiteres Projekt machte die Alphabetisierung von fünf Kindern aus unterschiedlichen Herkunftsländern in einer kleinen Lerngruppe der Internationalen Klasse möglich. Weitere Kinder mit erheblichen Defiziten im sprachlichen Bereich aus EU-Herkunftsländern (z.B. Rumänien und Mazedonien) nahmen ebenfalls an der Grundschulung teil. Mit unterschiedlichen Methoden wurden sehr gute Lernerfolge bei der Alphabetisierung der Schüler*innen erzielt, so dass sie am Ende des Schuljahres 2022/23 sowohl in den Kompetenzen Lesen und Schreiben als auch im Hörverstehen und im Wortschatz deutliche Fortschritte verzeichnen können. „Es ist toll zu sehen, dass die Kinder schon nach einem halben Jahr die ersten Wörter lesen können, dass sich die Aussprache verbessert und sie sogar schon die ersten Wörter schreiben können“, beschreibt Lübbert die motivierenden Erfolge.
Seit April 2022 wurden am Städtischen Gymnasium drei Willkommensklassen für geflüchtete Kinder aus der Ukraine eingerichtet. Derzeit werden die 56 Schüler*innen einer Regelklasse zugeordnet, verlassen diese aber zeitweilig für den auf sie zugeschnittenen Förderunterricht in Deutsch und Mathematik bzw. durch die zusätzlichen Lernangebote der ukrainischen Lehrkräfte in Englisch und Musik. Ziel des Projektes unter der Leitung von Lena Ambrosius war es, den oft sehr gut ausgebildeten Kindern aus der Ukraine die Möglichkeit zu geben, so schnell wie möglich in den deutschen Alltag und in den Schulalltag am SG integriert zu werden. Der durch die Stiftung ermöglichte zusätzliche Unterricht in der „Willkommensklasse Ukraine“ hat dabei maßgeblich zum Erfolg beigetragen und den ukrainischen Kindern und Jugendlichen ermöglicht, eine Gemeinschaft untereinander zu bilden. Die ukrainischen Lehrerinnen und Professorinnen, die sich in Ukrainisch mit den Kindern und Jugendlichen unterhalten konnten, waren außerdem nicht nur wichtig, um für die ukrainischen Schüler*innen ein gewohntes Umfeld innerhalb des Fachunterrichts und damit einen „weichen“ Übergang in das andersartige deutsche Schulsystem zu ermöglichen, sondern sie boten in einem erheblichen Maße Gesprächsangebote, um das im Krieg Erlebte aufzuarbeiten und sie zu stärken.
Die Rückmeldungen, die im Gespräch mit Frau Holle formuliert wurden, waren durchweg positiv: Die Schüler*innen beschrieben, dass ihnen das Lernen große Freude bereite, sie sich an der Schule wohlfühlten und sie viele Freunde gefunden hätten, sowohl in der ukrainischen als auch in ihrer Regelklasse. „Die Kinder sind traumatisiert und es ist wichtig, sie zu begleiten. Wir sind der Osthushenrich-Stiftung dankbar, dass durch die vielfältige Förderung diese Möglichkeit besteht“, bedankte sich die ukrainische Psychologin Elena Tkatchenko, die so auch in Einzelberatungen den Schüler*innen zur Seite stehen kann. Die stellvertretende Schulleiterin Britta Jünemann schaut zuversichtlich in die Zukunft: „Wir haben die Integration in die Regelklasse als Zukunftsvision und dass die Jugendlichen einen deutschen Schulabschuss ablegen können.“
Den Abschluss bildete das Projekt zum Einstieg in die Berufsorientierung der Oberstufe mittels des geva-Tests. Die Osthushenrich-Stiftung unterstützt seit vielen Jahren die Durchführung dieses Tests, an dem alle Schüler*innen der Einführungsphase verbindlich teilnehmen, da es um die Feststellung und bewusste Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und Kompetenzen im Hinblick auf die spätere Berufslaufbahn und eigene Lebensplanung geht.
Der im November in der Schule unter strengen zeitlichen Vorgaben durchgeführte Test wurde dann vom geva-Institut ausgewertet und die Schüler*innen erhielten eine 20-seitige Auswertungen, die ein individuelles Stärkenprofil, das den Einzelnen in deutschlandweitem Vergleich darstellt, sowie Vorschläge zu dazu passenden Studiengängen und Berufen enthält. Anschließend leiteten Fachleute des lfBk Münster in 90-minütigen Workshops die Schüler*innen schrittweise an, ihre persönliche Analyse zu verstehen und auszuwerten und so diese Ergebnisse für sich zu bewerten. Die Schüler*innen haben damit eine solide Grundlage für ihre individuellen Entscheidungen hinsichtlich der anstehenden Studien- und Berufswahl, was sich auch anhand der positiven Rückmeldungen der Schüler*innen bestätigte.
Insgesamt bewiesen alle vier Projekte, dass sie in vielerlei Hinsicht bereichernd für das Lernen und den weiteren Lebensweg der Schüler*innen sind. Sie sollen aus diesem Grund auch im nächsten Schuljahr, mit anderer Schwerpunktsetzung, fortgesetzt werden.
Von Miriam Grundmeier