Dass eine einfache Umfrage es einmal bis in die Lokalpolitik Güterslohs schafft, daran hatten die 22 Schülerinnen und Schüler der damaligen 8d des Städtischen Gymnasiums und ihre Biologielehrerin Frau Dierkes im März 2019 wohl nicht gedacht, als erste Überlegungen zur Organisation eines autofreien Schultags entstanden. Diese Überlegungen entstanden im Biologieunterricht zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit und waren der Ausgangspunkt für eine schulweite Befragung, die Auskunft über das Mobilitätsverhalten der Schulgemeinde geben sollte.
Von den fast 1100 befragten Personen konnten um die 950 Fragebögen ausgewertet werden, was ungefähr zwei Dritteln der gesamten Schulgemeinde entspricht. Gefragt wurde, mit welchen Verkehrsmitteln die Befragten wie häufig pro Woche zur Schule kommen und wie weit sie von der Schule entfernt wohnen.
Die Auswertung förderte zu Tage, dass fast die Hälfte aller Befragten mit dem Fahrrad zur Schule kommen. Fast 30% benutzen Bus und Bahn (ÖPNV), ca. 6% kommen zu Fuß. Somit kommen über 80% aller Befragten auf umweltfreundliche Weise zur Schule, eine erfreuliche Feststellung!
Allerdings erreichen auch 17% der ca. 950 befragten SchülerInnen und LehrerInnen die Schule mit dem Auto. Was zunächst einmal nach wenig klingt, summiert sich hochgerechnet auf die gesamte Schulgemeinde auf an die 600 Autofahrten pro Tag um die Schule herum, allein verursacht durch das SG. Dazu kommt noch der Verkehr durch die beiden benachbarten Schulen, die Altstadtschule und die Elly-Heuss-Knapp-Schule, und der Anliegerverkehr in Schulstraße und Moltkestraße.
Besonders interessant ist, dass ein Viertel aller Fünftklässler mit dem Auto gebracht werden. Auch Q2-SchülerInnen und LehrerInnen haben einen hohen Anteil an den durch die Schule verursachten Autofahrten. Da die Umfrage keine Gründe abgefragt hat, kann hier nur vermutet werden. Möglicherweise empfinden die Eltern den Schulweg für die frischgebackenen Städter als zu weit oder zu gefährlich, Q2-Schüler wollen ihren Führerschein nutzen und das Kollegium hat zum Teil sehr weite Wege von 20 bis 50 Kilometern, um zur Schule zu gelangen.
Überhaupt spielt die Entfernung bei der Wahl der Verkehrsmittel auch eine erhebliche Rolle: Je weiter der Weg desto seltener wird das Fahrrad und desto häufiger der ÖPNV genutzt. Die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer ist interessanterweise für die Autofahrer bei jeder Entfernung gleich, allerdings steig ihr Anteil an den Fahrten von 13 auf 25%. Das heißt also, dass ein Viertel aller Schüler mit dem Auto gebracht werden, wenn ihr Weg zur Schule weiter als 6 Kilometer ist.
Erstaunlich war die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer: allein die Teilnehmer der Umfrage legen an einem Tag für die einfache Strecke fast 6000 Kilometer zurück. Ungefähr ein Drittel der Gesamtstrecke entfällt jeweils auf Auto- und Fahrradfahrer sowie ÖPNV-Benutzer. Hochgerechnet auf die gesamte Schulgemeinde sind das etwa 5300 Kilometer mit dem Auto und 6300 Kilometer mit dem ÖPNV, und das pro Tag! Dass neben der Umweltbelastung von etwa 450kg CO2 täglich auch die Verkehrssicherheit der mehr als 55% Radfahrer und Fußgänger gefährdet ist, zeigt die zum Teil abenteuerliche Verkehrssituation rund um die Schule.
Was tun mit den Ergebnissen?
Auf Schulebene entstand die Idee, ein Patenprojekt ins Leben zu rufen, bei dem ältere SchülerInnen Verantwortung für die neuen Fünftklässler übernehmen und sie in den ersten Wochen auf ihrem Weg zur Schule begleiten und für ihre Sicherheit sorgen. Dass nebenbei auch noch Fitness und soziale Kontakte gefördert werden, kann ein gewünschter Nebeneffekt sein.
Vor allem aber geht es auch darum, die Schulumgebung fahrradfreundlicher zu gestalten. Ideen wie die Umwidmung der Moltkestraße und Schulstraße zur Fahrradstraße, eine zeitweise Sperrung der Schulumgebung für Elterntaxis oder die Einrichtung einer Hol- und Bringzone wurden diskutiert.
Damit daraus greifbare Ergebnisse werden können, mussten die Ergebnisse auch in die Politik getragen werden. Daher wurden die Ergebnisse der Umfrage in den vergangenen Monaten den Politikern interessierter Ratsfraktionen und den Elternvertretern der Schule vorgestellt, zusammen mit einer Reihe von Ideen, die alle eines zum Ziel haben:
die Verkehrssituation um die Schule herum zu entspannen und so mehr Städter von der Benutzung des Fahrrads zu überzeugen, der Umwelt und ganz nebenbei auch der eigenen Fitness zuliebe!
von Michaela Dierkes