Projekt des SG: Blickwinkel auf den Ersten Weltkrieg

unbenanntIn Deutschland ist die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts durch die noch größeren Verwüstungen und Verbrechen des Zweiten Weltkrieges in den Hintergrund getreten. In Belgien, wo sich die erstarrten Fronten des Ersten Weltkrieges vier Jahre lang nur wenige Kilometer hin- und her verschoben, ist die Erinnerung an „La Grande Guerre“, dem „großen Krieg“ ungleich lebendiger. Hundert Jahre nach den verheerenden Schlachten von Flandern gehen daher Schüler des Städtischen Gymnasiums gemeinsam mit belgischen Schülern der Europaschule Oudenaarde der Frage nach, wie diese unterschiedlichen Blickwinkel auf eine gemeinsame Vergangenheit für eine gemeinsame Erinnerung und für die Zukunft verbunden werden können.

Dieses internationale Projekt findet seinen Höhepunkt in einer dreitägigen Exkursion Ende Januar ins belgische Mesen, nahe der im Weltkrieg zerstörten Stadt Ypern. Ziel des Geschichtslehrers Michael Brunnert ist es, den Schülern zu verdeutlichen, dass „die Perspektive maßgeblich dafür verantwortlich ist, welche Geschichte über diese Vergangenheit erzählt wird“.

Dafür betrieben die Schüler im Stadtarchiv gründliche Quellenrecherche und untersuchten unter verschiedenen Fragestellungen historische Dokumente. Sie tauchten tief in die Vergangenheit und das Leben der damaligen Gütersloher ein: Sie lasen Feldpost, erforschten Nachlässe und Briefe, wälzten Chroniken und studierten elektronisch archivierte Zeitungen.

Besonders aufschlussreich war der Fund eines Albums mit dem Titel „Kriegserinnerungen“. Anders als erwartet, berichtet es nicht von den Schrecken des Krieges, sondern heroisiert den Kaiser und lässt den Krieg wie ein Abenteuer erscheinen. Bei dieser Recherche stießen die Kursmitglieder Pauline Bijelic und Fabian Zodrow aber auch auf Einzelschicksale, deren Lebensläufe sie mit Hilfe von Stadtarchivar Stephan Grimm rekonstruierten. „Diese Soldaten aus Gütersloh verloren ihr Leben bei dem Kampf in Ypern“, beschreibt Bijelic die gefundene Verbindung von Gütersloh zur Ersten Flandernschlacht. Dieser wollen sie dann vor Ort in Belgien selbst nachgehen.

Diese und viele andere ihrer Ergebnisse werden nun digitalisiert und den belgischen Partnern zur Verfügung gestellt, damit sie dann im Januar ihre Resultate vergleichen und darüber austauschen können. In Workshops soll sich dann der Frage angenähert werden, welche Form der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg angemessen ist, um den Frieden in Europa zu bewahren. Auch sprachlich wird das Projekt spannend: Englisch wird den Großteil der Kommunikation darstellen, auch die Ergebnisse der deutschen Schülerrecherche müssen übersetzt werden.

Insgesamt blicken alle erwartungsfroh auf die Exkursion: „Das erlangte Wissen mit Bildern zu verknüpfen“, erhofft sich Fabian Zodrow von der Fahrt. „Zudem finde ich es spannend zu sehen, wie eine Region vom Ersten Weltkrieg geprägt ist“, sagt Schülerin Olivia Bernhörster.